Anfang September sind wir mit unseren Pedelecs wieder in der Rheinebene unterwegs. Der Start unserer Rundtour ist in
Reilingen
eine Gemeinde im Rhein-Neckar-Kreis mit ca 7.000 Einwohnern und bekannt für seinen Spargel.
Im Reilinger Baggersee fand man 1978 eine Schädelkapsel die sich heute im Naturkundlichen Museum in Stuttgart befindet. Es handelt sich um den Homo erectus, dem Vorfahren des heutigen Menschen Homo sapiens. Der Schädel bekam den Namen Homo erectus reilingensis asparagensis (weil der Fundort für bestes Spargelgemüse bekannt ist).
Das Foto rechts: Katholische Kirche St. Wendelin, erbaut 1905
Naturschutzgebiet Wagbachniederung
Das Naturschutzgebiet entstand aus den Klärteichen der früheren Waghäusler Zuckerfabrik. Es besteht aus Röhrichtflächen, Schlammflächen und Resten des früheren Moores in der Rheinaue. Das Gebiet ist ein wichtiger Brut- und Rastplatz für vom Aussterben bedrohte Vogelarten und zählt zu den bedeutendsten EU-Vogelschutzgebieten in Deutschland.
Waghäusel
liegt am Nordrand des Landkreises Karlsruhe und besteht aus den Stadtteilen Kirrlach, Wiesental und Waghäusel. Ca 21.500 Einwohner.
Als Preußen und Österreich die Verfassung der Frankfurter Paulskirche ablehnten, kam es zur Badischen Revolution. Man kämpfte für eine Republik unter der Souveränitat des Volkes und gegen die Fürstenherrschaft. Ein Großteil der Badischen Armee wechselte zu den Revolutionären. Beim Gefecht bei Waghäusel standen sich im Juni 1849 die badische Revolutionsarmee und preußische Truppen gegenüber. Nach anfänglichen Erfolgen der Revolutionsarmee endete das Gefecht mit Flucht.
Bei der Badischen Revolution wurde die Forderung nach einer demokratischen Republik am stärksten vertreten. 1849 wurde die Revolution bei den letzten Kämpfen in Rastatt niedergeschlagen. Bekannte Namen, z.B. Friedrich Hecker, Wilhelm Liebknecht, Gustav Struve, Emma Struve, Friedrich Engels.
Viele Revolutionäre wurden verhaftet, erschossen oder zum Zuchthaus verurteilt. Ein Teil der Bevölkerung wanderte danach nach Amerika aus. Baden war bis 1851 von der Preußischen Armee besetzt.
Der Beginn des Widerstandes gegen den Deutschen Bund datiert aus dem Jahr 1832 mit dem Hambacher Fest.
Das Denkmal für die Badischen Revolutionäre steht in der Eremitage.
In der Hoffnung, dass wir weiter für den Erhalt der Demokratie einstehen und sie verteidigen.
Eremitage
Bedeutung: Einsiedelei. Das Schloß sollte als Rückzugsort ins Private dienen, der Stil wurde von König Ludwig XIV, dem Sonnenkönig geprägt.
Der Grundstein der Eremitage wurde 1724 von dem Fürstbischof von Speyer, Damian Hugo Philipp von Schönborn, gelegt. Nach Auflösung des Hochstifts Speyer 1803, fiel die Eremitage an den badischen Staat. Zunächst fand man keine Verwendung und das Gebäude entging knapp dem Abriss.
1837 wurde die 13 Hektar große Anlage von der Badischen Gesellschaft für Zuckerfabrikation gekauft und man errichtete hier die bis 1995 bestehende Zuckerfabrik Waghäusel. Viele barocke Gebäude mussten neuen Industriebauten weichen. Nur der Hauptbau (von der Fabrikverwaltung genutzt) und die Kavaliershäuser (als Werkswohnungen genutzt) blieben erhalten. 1997 verkaufte die Südzucker AG das Fabrikgelände einschließlich der Eremitage an die Stadt Waghäusel. Die Stadt führte umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an der denkmalgeschützen Schlossanlage durch. Seit 2014 wird die Anlage nach und nach der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Rheinhausen
mit der Rheinhauser Fähre, der Neptun, verlassen wir Baden Württemberg und schippern nach Rheinland Pfalz, die Landesgrenze verläuft inmitten des Rheins. Die Fähre kann von Wandernden und Radfahrenden benutzt werden. ⇒ Infos zu Fährzeiten und Preisen
Auf dem Weg nach Speyer ein kurzer Stopp beim Flughafen - sie starten alle in die andere Richtung :-(
An der Rheinpromenade "Die Welle", eine Skulptur des Malers und Bildhauers Georg Günther Zeuner (1923-2011)
Speyer
Kreisfreie Stadt in Rheinland Pfalz mit ca. 51.400 Einwohnern. Speyer ist eine der ältesten Städte in Deutschland, die Geschichte Speyers beginnt 10 vor Christi. Bekannt ist die Stadt u.a. durch den Kaiser- und Mariendom der seit 1981 zum Unesco Welterbe zählt. Konrad II. hatte das Ziel die größte Kirche seiner Epoche zu errichten. Nach 30 Jahren Bauzeit wurde die Kirche eingeweiht. Heinrich der IV. veranlaßte in den 1080er Jahren Um- und Anbauten.
Speyer gehört zu Bayern ??
Jetzt nicht mehr, aber früher einmal. Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses wurde das Gebiet der Pfalz 1815 dem Königreich Bayern zugesprochen - als Ausgleich für Salzburg, dass Bayern an Österreich abtreten musste. 1946 trennten die Siegermächte Speyer von Bayern ab und gliederten es Rheinland Pfalz ein. Beim Volksbegehren 1956 votierten 7,6 % der Stimmberechtigten für Bayern. Trotz Zugeständnissen von Seiten der Münchner Staatsregierung wollte der Großteil der Menschen weiter Pfälzer sein.
1294 wurde Speyer Freie Reichsstadt und das Patriziat (so wurde im Mittelalter die Oberschicht der Stadt genannt) erhielt das Münzrecht.
Das Haus der Münzer
wurde errichtet und nach der Zerstörung Speyers 1689 wurde ein imposanter Barockbau errichtet, der lange Umschlagplatz für den Handel und dem Sitz verschiedener Behörden war. Heute ist die Alte Münze Sitz der städtischen Kämmerei und Immobilienverwaltung.
Altpörtel
das ehemaliges westliches Haupttor der Stadt, Baubeginn im 13. Jhdt., Erweiterung 1514 mit dem Galeriegeschoss, von 1761 die Uhr, die großen Zeiger (oben) zeigen die volle Stunden an und die kleinen Zeiger (unterhalb) die Viertelstunden. Daneben die Postgalerie.
weitere Gebäude:
Wir fahren entlang der Rheinpromenade. Diese Brücke kennen sicher viele - die Rheinbrücke der A61 bei Speyer. Eine Schrägseilbrücke die zwischen den Anschlussstellen Hockenheim und Speyer liegt. Eröffnet 1974.
An den Rheinauen entlang, durch das Naturschutzgebiet Böllenwörth geht es zur Kollerinsel, die wieder in Baden Württemberg und dem Rhein-Neckar-Kreis liegt. Der Radweg führt ab dem Kieswerk auf der schmalen Straße mit reichlich Verkehr. Der Straßenbelag auf der Kollerinsel eignet sich prima für eine Schüttelmassage auf dem Rad.
Wir kommen an der Fähre an und können sofort mitfahren, sie ist voll und startet gleich.
Kollerfähre
Sie verbindet Brühl mit der Kollerinsel. Die Fähre besitzt eine Tragfähigkeit von 24 Tonnen, bis auf LKW's wird hier alles befördert. ⇒ Beförderungszeiten und Preise
Fotos nach der Überfahrt:
Ein kurzes Stück geht es an der Ketscher Rheininsel entlang, vorbei an Brühl und entlang der Bahnlinie Richtung Hockenheim.
Oha sie haben uns die Holzbrücke, die es hier einmal gab, "geklaut" Laut Radwegweiser brauchen wir nun ein "Sprungfahrrad" um dem vorgegebenen Weg über den Hardtbach zu folgen 😂 Dann hoffen wir, dass die angegebene Umleitung über eine Brücke zur anderen Seite führt und wir nicht durchs Wasser müssen.
Bei der Eisenbahn handelt es sich um die ehemalige Nebenbahn der Bahnstrecke Heidelberg-Speyer die im Industriegebiet Talhaus von Hockenheim endet. Sie wurde für den Güterverkehr genutzt.
Die Umleitung hat funktioniert, wir sind trocken auf die andere Seite gelangt. Nach einem kurzen Waldstück schauen wir uns das ganze nochmals an. Ein viertel Drehung nach rechts und der Radwegweiser wäre aktuell. Bei meinen Recherchen blieb ich erfolglos, keine Ahnung ob diese Brücke wieder aufgebaut wird.
Hockenheim
eine der sechs größten Städte des Rhein-Neckar-Kreises mit ca 21.800 Einwohnern. Bei Hockenheim kommt mir sofort der Hockenheimring in den Kopf, einer meiner Lieblingsorte in jungen Jahren. Aktuell findet bis Sonntag das Rennen zum DTM-Finale statt.
Der Tabak war zwischen 1860 und 1960 ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Hockenheim. Der Tabak wurde hier angebaut und zum fertigen Produkt verarbeitet. Im Jahr 1860 wurde die erste Zigarrenfabrik gegründet. Von 60 Leuten am Anfang, gab es um 1900 28 Zigarrenfabriken mit über 2000 Beschäftigten. Viele Frauen und Kinder ab 12 Jahren (die Schulpflicht endete damals mit 12 Jahren) konnten so zum Unterhalt der Familie beitragen. Zusätzlich gab es viele Heimarbeiterinnen die den Kleinbetrieben zuarbeiteten.
1933 wurde ein Maschinenverbotsgesetz erlassen, die Zigarren durften nur in reiner Handarbeit hergestellt werden. Das Gesetz wurde 1956 aufgehoben. Bis 1979 wurden mit ca. 100 Beschäftigten Zigarren hergestellt, 1983 wurden die Gebäude abgerissen und Wohnungen gebaut.
Die Zigarren wurden in zwei getrennten Arbeitsgängen hergestellt: die Wickelherstellung und die Überrollung. Bei der Wickelherstellung wurde mit dem Tabak die sogenannte "Puppe" geformt. Die vorgeformte Puppe kam auf ein Tabakblatt - das Umblatt - und wurde vorsichtig umwickelt.
Das Tabakensemble
Die Arbeit der Zigarrenwicklerinnen wurde mit dem Denkmal "Das Tabakensemble" gewürdigt. Entwurf und Ausführung von Franz-W. Müller-Steinfurth (1952-2017), von ihm ist auch die Spargelfrau in Schwetzingen. Gestiftet von Willi Schlampp und der Hockenheim-Ring GmbH.
Wir sehen einen Sittich fliegen - da ist einer ausgebüxt, ob der den Weg nach Hause findet? Habe ich nun Halluzinationen? Hier fliegen noch mehr herum, so viele können nicht ausgebüxt sein !?
Es sind Halsbandsittiche die ursprünglich aus Südasien kommen, durch den Klimawandel haben sie hier gute Überlebenschancen und sind seit einigen Jahren bereits in der Region zu sehen. Die Tiere brüten in Baumhöhlen, können 20 - 30 Jahre alt werden und sind ca. 40 cm lang.
Auf unserem Weg kommen wir am Riesenspargel vorbei, dem Hockenheimer Wasserturm. 1911 gebaut, 40,7 m hoch, unten mit einem Durchmesser von 12,20 m und fasst 500 Kubikmeter Wasser. Seit 1981 hat der Wasserturm keine wassertechnische Funktion mehr. Er ist heute Veranstaltungsort und ein technisches Denkmal.